Der grüne Weg als Lebensphilosophie
Annegret Schaper und Harald Hentschel betreiben in
Helmstedt seit 1981 einen Natur-Feinkost-Laden
HELMSTEDT. Längst nicht alles ist grün bei
Via Verde. Und doch trägt der Helmstedter Natur-Feinkostladen
die Farbe im Namen. Via Verde bedeutet "grüner Weg".
Und den gehen die Inhaber Annegret Schaper und Harald Hentschel
seit mittlerweile 22 Jahren.
"Bio" ist relativ. Die Öko-Abteilungen
der Supermärkte, wenn es sie denn überhaupt gibt, sieht
Harald Hentschel nicht als Konkurrenz. "Minimalstandards",
sagt er, würden hier gelten. Er und seine Ehefrau Annegret
Schaper nehmen es sehr viel ganauer. Nahrungsmittel nach Demeter-
oder Bioland-Standard sollten es schon sein. "Die halten länger,
sehen besser aus und schmecken besser", ist sich Hentschel
sicher.
Die Waren sind eine Seite, die andere sind die Menschen,
die sie verkaufen. Die Supermarkt-Bediensteten wüssten oft
kaum über ihr BioWarenangebot Bescheid. Für Annegret Schaper
und Harald Hentschel indes ist Naturkost durchaus ein Geschäft,
vor allem aber eine Lebensphilosophie. "Wir haben früher
schon selbst Brot gebacken", blickt Annegret Schaper auf die
Zeit zurück, bevor es ihren (ersten) Bio-Laden in Helmstedt
gab. Privat wird konsequent versucht, im Einklang mit der Natur
zu leben. Das geht vom Essen übers Wohnen bis hin zur Kleidung
aus Naturmaterialien.
Frage des Bewusstseins
Schaper hält das für "eine Frage des
Bewusstseins": Sicher seien Öko-Produkte auf den ersten
Blick viel teurer als konventionell produzierte, jedoch sei deren
Wert ungleich höher. In der Welt der Fertigkost, Süßwaren
und Genussmittel sei das den Menschen nur noch schwer zu vermitteln
"die Geschmacksnerven sind konditioniert", meint
sie. Gleichwohl halten Hentschel und Schaper den Verweis auf das
persönliche Genusserlebnis für den einzig erfolgversprechenden
Zugang zum (potenziellen) Kunden. "Wir müssen die Leute
eher als Individuen ansprechen", glaubt Annegret Schaper, das
Bewusstsein der Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft oder
der Natur sei ein vergleichsweise schwaches Argument. Sie räumt
ein, dass selbst bei ihr der Geschmack- und Genussfaktor den Anstoß
zur Beschäftigung mit Naturkost gegeben hat.
Das ist freilich schon recht lange her. Annegret Schaper
und Harald Hentschel stammen aus Hannover und kamen Anfang der 80er
Jahre ins damals preiswerte Zonenrandgebiet, bezogen dort ein Haus.
Im Mai 1981 wurde das Vorgängergeschäft von Via Verde
an der Braunschweiger Straße gegründet, damals unter
dem Titel "Gesund und munter Tee & Naturkost"
und mit einem wesentlich kleineren Sortiment. In der Region waren
kaum Lieferanten für ökologisch erzeugte Nahrungsmittel
zu finden, die Ware wurde oft von weit her selbst geholt.
Einst herrschte Skepsis vor
Die naturverbundene Lebensweise sei den Menschen zu
dieser Zeit noch eher suspekt gewesen, sagt Annegret Schaper. Heute
sei das Publikum größer, ökologische Nahrungsmittel
und Körperpflegeartikel problemlos verfügbar. So zog Via
Verde dann auch im Juni 2001 zum Lindenplatz um und wurde von 40auf
135Quadratmeter Ladenfläche vergrößert. Entsprechend
wurde das Sortiment ausgeweitet. Harald Hentschel und Annegret Schaper,
die in Frellstedt wohnen, haben unterdessen durchaus auch anderes
im Kopf als den Laden. "Für die Menschen ist es nicht
gut, den ganzen Tag nur an einer Sache zu arbeiten", ist sich
Schaper sicher. Das Paar wechselt sich im Laden ab. Nebenbei machen
beide Yoga, Hentschel bietet energetische Massage an, Schaper "Reiki"
(Heilung durch Handauflegen). Seine Begabungen zu suchen, sei der
Sinn des Lebens, meint Annegret Schaper. Für ein ganzheitliches
Leben sei ökologische Ernährung nur ein Anfang. "Ich
bin nicht einfach ein Geschäftsmensch, sondern versuche, die
Lebensbereiche zu vernetzen", sagt sie. Und: "Die Menschen
sind vielschichtiger als sie denken."
Braunschweiger Zeitung am Mittwoch, 16.04.2003
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